by Sophie von Khuenberg (1863 - 1917)
Vergessen
Language: German (Deutsch)
Vergessen ist ein gar tiefer Schrein, Da legen die Menschen all das hinein, Was sie nicht mögen behalten: Die Einen dies und die Andern das, So Jubel als Leid, so Lieb' als Haß -- Der Schrein hat viel Fächer und Spalten. Ich weiß nicht, wer ihn gezimmert hat, War wohl ein Meister aus vornehmer Stadt, Der ihn so klüglich ersonnen! Hab' auch so manches hineingelegt, Das einst ich geherzt und einst ich gehegt In kindlich seligen Wonnen. Und fragt Ihr, wie's um den Schlüssel stund? Der Eine hat ihn auf Herzensgrund Für heimlich Spähen erworben; Der Zweite warf ihn ins Meer hinab, Die Tiefe nimmer ihn wiedergab, Dem Dritten war er verdorben. Und mancher braucht gar kein Schlüsselein, Dem thut von selber sich auf der Schrein In lauschig dämmrigen Stunden. Da schwebt es herfür so Stück um Stück, Ein bißchen Elend, ein bißchen Glück, Mit Fäden der Reue gebunden.
Confirmed with Heimgarten, neunter Jahrgang, erster Halbband, drittes Heft, ed. by D. K. Rosegger, Graz: Verlag von "Leykam", 1885. Appears in issue for December 1884, page 227.
Text Authorship:
- by Sophie von Khuenberg (1863 - 1917), "Vergessen", appears in Frost und Flammen [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Ignaz Brüll (1846 - 1907), "Vergessen", op. 68 (Vier Lieder für 1 Singstimme mit Pianoforte) no. 1, published 1892 [ voice and piano ], Leipzig, W. Hansen [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Melanie Trumbull
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