by Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied, Prinzessin (1843 - 1916), as Carmen Sylva
Wüstenklänge
Language: German (Deutsch)
Our translations: ENG
Andalusiens Zaubergarten Schauert nächtlich Blüthen nieder, Auf des dunkeln Wüstensohnes Stürmisch heiße Liebeslieder. Ach! er sucht die Wüstenblume, Sucht die flüchtige Gazelle, Die Oasis seiner Augen, Seines Herzens frische Quelle. Und er hemmt den Strom der Lieder, Athemlos hinauszulauschen, Zärtlich senden weiße Blumen Ihren Duft, ihn zu berauschen. Reich geschmückt, von Golde glänzend, Steht das Haus im Mondenscheine. Stille rings; nur seine Klage Zittert durch die Nacht alleine. Nicht Paläste hat die Wüste, Doch der Theuern Zelt zu schmücken, Wagt er manchen blutgen Kriegszug, Nur nach neuen Teppichstücken, Nur um ihre beiden Grübchen, Ihrer Zähne Glanz zu schauen, Während ihre Worte perlend Auf sein heißes Herze thauen. Als ein fremder Scheich sie raubte, Hört er ihren Angstruf hallen, Auf dem Hengste hat er windschnell Ihren Räuber überfallen. Blutig war und heiß das Ringen, Bis der Scheich sich wälzt im Sande, Bis sein Falkenauge brechend Zu ihr schweift im letzten Brande. - "Ewig will ich Dir gehören!" Sprach sie sanft, den Hengst besteigend, Und an seine Brust ihr Köpfchen Ohne Widerstreben neigend. Doch, als wieder er gekommen, Sie zu mahnen, sie zu fragen, War verschwunden die Geliebte, Vom Samume fortgetragen. Furchtbar war sein Schmerz zu schauen: Mit zerrissenem Gewande Fluchte er der Maid, dem Schicksal, Stöhnend in dem heißen Sande, Raffte sich empor, um hallend, Weithin einen Schwur zu schwören, Durch die ganze Welt das Mägdlein Nie zu suchen aufzuhören. Andalusiens Zaubergarten Hat ihn endlich aufgenommen, Und vor ihres Hauses Schwelle Ist er singend angekommen. Nacht um Nacht will mit den Liedern Aus der Heimat er sie rühren, Um sie, in den starken Armen, In die Wüste zu entführen. Aber Andalusiens Düfte Haben sie zu lind umfangen, Nach der ernsten Heimath hegt sie Wohl schon längst nicht mehr Verlangen! Horch! da nah'n Gazellenschritte, Und Gazellenaugen leuchten! Will der Thau vom Himmel fallen, Um die Erde zu befeuchten? Und zwei weiße Arme schlingen Sich um seinen Nacken; Flehen Klingt in seinem Ohre: "Trauter! Liebst du mich, so mußt Du gehen! Jedes Deiner süßen Lieder Bringt nur Bangen, Schmerz und Noth mir, Deine Liebe zu genießen, Brächte mir den sichern Tod mir. Die Gazelle liegt gefangen, Hat die Freiheit fast vergessen, Darf im Traume kaum mehr wissen, Daß sie Dich dereinst besessen!" Und zwei Lippen hängen trunken An den Seinen. Blitzesschnelle Zuckt sein Stahl und birgt im Busen Bis an's Heft sich der Gazelle. An dem nächsten Baum zerschmettert Liegt die Leyer: "So erreiche Meine Rache ihren Vater, Ihren Stamm mit einem Streiche!" Einmal muß er zu der holden, Stummen Braut sich niederbücken, Auf die kalten, weißen Lippen Einen heißen Kuß zu drücken. Dann erhebt er sich und wendet Sich zur fernen Heimat wieder. - Andalusiens Zaubergärten Regnen zärtlich Blüthen nieder.
Text Authorship:
- by Elisabeth Pauline Ottilie Luise zu Wied, Prinzessin (1843 - 1916), as Carmen Sylva, "Wüstenklänge", appears in Meine Ruh, in 3. Mutter und Kind, first published 1885 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hans August Friedrich Zincke genannt Sommer (1837 - 1922), "Wüstenklänge", op. 8 no. 5 (1885), published 1886 [ voice and piano or orchestra ], from Sechs Balladen und Romanzen, no. 5, Braunschweig, H. Litolff [sung text not yet checked]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , "Desert sounds", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2010-02-26
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