Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten. Eine glatte Stirn deutet auf Unempfindsamkeit hin. Der Lachende hat die furchtbare Nachricht nur noch nicht empfangen. Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es Schweigen über so viel Untat einschließt. Der dort ruhig über die Straße geht, ist nicht mehr erreichbar für seine Freunde, die in Not sind. Man sagt mir: Iß und trink, sei froh, daß du hast. Aber wie kann ich essen und trinken, wenn ich den Hungrigen entreiße, was ich esse, und mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt. Und doch trinke und esse ich. Ich wär auch gern weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: sich aus dem Streit der Welt halten. Seine kurze Zeit ohne Angst verbringen. Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen. Alles das kann ich nicht. Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten.
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Text Authorship:
- by Bertolt Brecht (1898 - 1956) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hanns Eisler (1898 - 1962), "Elegie 1939", 1939 [sung text checked 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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