by Kurt Tucholsky (1890 - 1935)
Die Unentwegten
Language: German (Deutsch)
Ein blinder Mann ist zu bedauern, weil er die Welt nur hört und schmeckt. Doch packt dich jäh ein Wehmutsschauern, siehst du den preußischen Defekt. Historie kann noch so geschwind sein - die Leute wollen eben blind sein! Das singt noch heut auf jeden Fall: "Es braust ein Ruf wie Donnerhall!" Trotz Marneschlacht, trotz der Etappe, trotz Lille und andrer Schweinerei reißt auf die alldeutschgroße Klappe der Vogel Strauß und legt ein Ei. Schwarzweiß sind alle Straußenfedern, klein sein Gehirn, das Fleisch ist ledern... Er steckt den Kopf in Sand hinein - "Fest steht und treu die Wacht, die Wacht am Rhein!" Das hat den Krieg erst angezettelt, dann schlecht geführt und dann verratzt. Und viel zu spät um Frieden bettelt die O. H. L. - die Bombe platzt. Erst schwere Fehler. Und dann heute beschimpft das uns und Land und Leute; vom "Dolch der Heimat" hörst du sagen - und dem geht keiner an den Kragen! Da schlag doch gleich der Teufel rein! Wir pfeifen auf die Wacht am Rhein!
Text Authorship:
- by Kurt Tucholsky (1890 - 1935) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hanns Eisler (1898 - 1962), "Die Unentwegten" [text verified 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website between May 1995 and September 2003.
Line count: 26
Word count: 167