Wie ist es denn, daß trüb und schwer So alles kömmt, vorüberzieht, Und wechselnd, quälend, immer leer, Das arme Herz in sich verglüht? Kaum gekommen Soll ich scheiden, Kaum entglommen Löschen wieder Alle Freuden, Und der Leiden Dunkle Wolke senkt sich nieder. Aus den Lichtern in die Nacht, Aus den Augen, die mir tagen, Die mein ganzes Herz durchlacht, Bin ich wieder allen Plagen, Dem dürren Leben Zurück gegeben. [Wie flücht'ge Augenblicke Mein Glücke! Wie lange, lange Dauer Der Trennung, düstre schwere Trauer! - Zurück zu kehren Und dich entbehren!]1 O als ich dich noch nicht gesehn, Da durfte Sehnsucht bei mir seyn, Ein Hoffnungswind in meinen Wünschen wehn, Die Zukunft war ein heller Schein: Jetzt muß ich vom Erinnern kaufen, Was ich kaum zerstreut empfand; Wieder durch die wüsten Haufen, Durch ein unbewohntes Land, Soll ich irre, klagend, schweifen, Und des Glückes goldne Streifen, Auch die letzten, abgewandt. Noch fühl' ich deine Hand, Noch wie im Traume deine Küsse, Noch folgen mir die holden Blicke, Und die Emp[findung, daß ich alles misse, Bleibt bei mir zurücke. O Hoffen, Schmachten, Liebesleid und Sehnen, Wie dürst' ich nach den süßen Thränen! O tröste mich doch, eitles Wähnen, So leer du bist, so todt, so nichtig! Verlaßt ihr alle mich so flüchtig? O Gegenwart, wie bist du schnell! Vergangenheit, wie bist du klein! O Zukunft, wie wirst du unendlich seyn? Unendlich wie am Himmelsbogen Die Sterne in die ew'gen Räume steigen, So fühl' ich Stunden, Tage, Monden hergezogen, Und durch mein tiefstes Seyn das trübe Schweigen, Um mich ein unvergänglich Meer von schwarzen Wogen, Und ach! kein grünes Ufer will sich zeigen!]1
Confirmed with Gedichte von L. Tieck. Erster Theil. Dresden bei P. G. Hilscher. 1821, pages 141-143; and with Musen-Almanach für das Jahr 1802. Herausgegeben von A. W. Schlegel und L. Tieck. Tübingen, in der Cotta'schen Buchhandlung, 1802, pages 113-116.
Note: In the 1802 edition the poem is part of a cycle with the title Der Besuch consisting of four poems: I. Morgen, II. Mittag, III. Abend and IV. Nacht. In the 1821 edition the poems are no longer belonging together.
1 missing in Schubert's sketchText Authorship:
- by Johann Ludwig Tieck (1773 - 1853), "Abend", first published 1802 [author's text checked 2 times against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Franz Peter Schubert (1797 - 1828), "Abend", D 645 (1819), published 1978 [ voice, piano ], note: fragment of a sketch; vocal line without text (apart from the first five words) and only some hints at the piano accompaniment. The text was adjusted to the vocal line by Dietrich Berke, a piano accompaniment was realized by Mark Brown. [sung text not yet checked]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "Capvespre", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Avond", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "Evening", copyright ©
- ENG English (Uri Liebrecht) , "Evening", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Le soir", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
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