Seht ihr die zwei Kirschenbäumchen Bei der Mühle dort am Strand, Wie vom einen zu dem andern Ist ein Seilchen ausgespannt? Und am Schnürlein hangen Hemdchen, Blühweiß, eilfe an der Zahl; Diese wehn und flattern lustig Glänzend durch das Sommertal. Ob wohl aus des Wassers Rauschen Sich der Nix vernehmen läßt? Nein, wie wir vorüberfahren, Flüstert eins im regen West: "Unser sind wir zwölf Geschwister, So die Müllerstochter spann, Eilfe sind wir stets beisammen, Doch das zwölfte hat sie an." "Jeden Sonntag in der Frühe", Spricht das andre, "wechseln wir, Flüchtig uns zugleich erzählend Alle Heimlichkeit von ihr." Und das dritte: "Wie sie weiß ist! Also weiß kein Bleicher bleicht! Wo das Herz ist, trägt ein Mal sie, Welches einem Veilchen gleicht!" "Wie besessen tanzt das Veilchen", Spricht das vierte, "jedes Mal, Wenn ein Schiff mit rotem Wimpel Dort vorüber rauscht zu Tal." Und das fünfte: "Wohl im Sande Hab ich eines Nachts geruht, Während sie beim Mondenscheine Schwamm und spielte in der Flut. Langsam fuhr das Schiff zu Berge " "Ei, was ist denn nun passiert?" Flattern alle - doch vom Himmel Kommt ein Regen angeschwirrt! Und die Magd eilt aus dem Hause, Packt die tolle Wäsche ein; Müllermädchen, dein Gespinste Hing genug im Sonnenschein!
Drei Gedichte aus Gottfried Kellers Jugendzeit
Song Cycle by Felix Paul Weingartner (1863 - 1942)
1. Plauderwäsche  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Plauderwäsche"
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Researcher for this page: Harry Joelson2. Ich denke oft an's blaue Meer  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Ich denke oft ans [große]1 Meer Und hab' es nie geschaut; Und hab' ihm doch so lange schon Mein kleines [Leid]2 vertraut. Das macht: ich kenn es besser, Als mancher Seemann wohl, Wie man in seine Tiefe Mit Andacht schauen soll. Und fern mir, wie die Meeresflut, Geht deines Herzens Schlag, Den innerlich in stiller Nacht Ich lauschend hören mag. Es ist dein Herz ein Spiegel Von Erdduft überhaucht, Darein Gott oft beschaulich Und tief sein Auge taucht.
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "An George Sand", written 1845
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2021, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Jakob Baechtold, Gottfried Kellers Leben. Seine Briefe und Tagebücher, Erster Band: 1819-1850, Berlin: Verlag von Wilhelm Hertz, 1894, pages 443-444.
1 Kleffel, Weingartner: "blaue" ; further changes may exist for the Weingartner setting, not shown above.2 Kleffel: "Lied"
Research team for this page: Sharon Krebs [Guest Editor] , Harry Joelson
3. Irrlichter
Language: German (Deutsch)
War ein heimatloser Wandrer auf des Lebens dunkler Haide, suchte eine Liebesheimat, die mich von der Welt abscheide; und verirrt in düstern Gründen sah ich endlich in der Ferne, wie zwei Irrwisch', schwebend, leuchtend, deine beiden Augensterne. Und vertrauend folgt' ich ihnen ruhlos über Feld und Hügel, und die Hoffnung lieh den Stab mir, und die Sehnsucht gab mir Flügel. Bald an klaren Silberströmen, bald im stillen Rosengarten, schienen mich die blauen Lichter liebelauchtend zu erwarten. Aber war ich an der Stelle müd und durstig angekommen, waren auch die falschen Sterne in den Rosen schon verglommen bis sie wieder in der Weite, in der Weite freundlich lachten und mich schmachtenden Gesellen wieder auf die Beine brachten. Schwebten sie in luft'gen Reigen über blaue Flut des Seees, sprang ich in den leichten Nachen, Schiffer meines schweren Wehes. An dem Ufer stand ein Kirchlein; das war mir ein gutes Zeichen, weil ich dort am Hochaltare sie noch hoffte zu erreichen. Aber da war auch ein Kirchhof nach der alten schlimmen Sitte, und da glänzten die zwei Lichter mild in stiller Gräber Mitte, haben noch mit süssen Strahlen, scheidend noch, mir zugewunken, sind darauf nach Irrlicht Weise in ein Blumengrab versunken!
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Irrlichter"
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Researcher for this page: Melanie TrumbullTotal word count: 482