Die Mutter mahnt mich [abends]1: "Trag Sorg zur Ampel, Kind! Jüngst träumte mir von Feuer - Auch weht ein wilder Wind." Das Flämmchen auf der Ampel, Ich lösch es mit Bedacht, Das Licht in meinem Herzen Brennt durch die ganze Nacht. Die Mutter ruft mich morgens: "Kind, hebe dich! 's ist Tag!" Sie pocht an meiner Türe Dreimal mit starkem Schlag Und meint, sie habe grausam Mich aus dem Schlaf geschreckt - Das Licht in meinem Herzen Hat längst mich aufgeweckt.
Sechs Gedichte für 1 Singstimme mit Pianoforte , opus 20
by Selmar Bagge (1823 - 1896)
1. Liebesflämmchen  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Michael P Rosewall) , copyright © 2022, (re)printed on this website with kind permission
1 Heymann-Rheineck: "des Abends"; further changes may exist not shown above.
2. Hochzeitslied  [sung text not yet checked]
Aus der Eltern Macht und Haus tritt die züchtge Braut heraus an des Lebens Scheide - geh und lieb und leide! Freigesprochen, unterjocht, wie der junge Busen pocht im Gewand von Seide - geh und lieb und leide! Frommer Augen helle Lust überstrahlt an voller Brust blitzendes Geschmeide - geh und lieb und leide! Merke dirs, du blondes Haar. Schmerz und Lust, Geschwisterpaar, unzertrennlich beide - geh und lieb und leide!
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Hochzeitslied"
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3. Lenzfahrt  [sung text not yet checked]
Am Himmel wächst der Sonne Glut, Aufquillt der See, das Eis zersprang, Das erste Segel teilt die Flut, Mir schwillt das Herz wie Segeldrang. Zu wandern ist das Herz verdammt, Das seinen Jugendtag versäumt, Sobald die Lenzessonne flammt, Sobald die Welle wieder schäumt. Verscherzte Jugend ist ein Schmerz Und einer ew'gen Sehnsucht Hort, Nach seinem Lenze sucht das Herz In einem fort, in einem fort! Und ob die Locke mir ergraut Und bald das Herz wird stille stehn, Noch muß es, [wann]1 die Welle blaut, Nach seinem Lenze wandern gehn.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Lenzfahrt"
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View original text (without footnotes)Confirmed with Gedichte von Conrad Ferdinand Meyer, Verlag von H. Haessel, Leipzig, 1882, page 10.
1 Marx: "wenn"4. Ewig jung ist nur die Sonne  [sung text not yet checked]
Heute fanden meine Schritte mein vergeßnes Jugendtal, Seine Sohle lag verödet, seine Berge standen kahl. Meine Bäume, meine Träume, meine buchendunkeln Höhn - Ewig jung ist nur die Sonne, sie allein ist ewig schön. Drüben dort in schilf'gem Grunde, wo die müde Lache liegt, Hat zu meiner Jugendstunde sich lebend'ge Flut gewiegt, Durch die Heiden, durch die Weiden ging ein wandernd Herdgetön - Ewig jung ist nur die Sonne, sie allein ist ewig schön.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Ewig jung ist nur die Sonne"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (John Glenn Paton) , "Only the sun is forever young", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Seul le soleil est éternellement jeune", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
5. Morgenlied  [sung text not yet checked]
Mit edeln Purpurröten Und hellem Amselschlag, Mit Rosen und mit Flöten Stolziert der junge Tag. Der Wanderschritt des Lebens Ist noch ein leichter Tanz, Ich gehe wie im Reigen Mit einem frischen Kranz. Ihr taubenetzten Kränze Der neuen Morgenkraft, Geworfen aus den Lüften Und spielend aufgerafft - Wohl manchen ließ ich welken Noch vor der Mittagsglut Zerrissen hab ich manchen Aus reinem Übermut! Mit edeln Pupurröten Und hellerm Amselschlag, Mit Rosen und mit Flöten Stolziert der junge Tag - Hinweg du dunkle Klage, Aus all dem Licht und Glanz! Den Schmerz verlorner Tage Bedeckt ein frischer Kranz.
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Morgenlied"
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6. Schwüle  [sung text not yet checked]
Trüb verglomm der schwüle Sommertag, Dumpf und traurig tönt mein Ruderschlag Sterne, Sterne -- Abend ist es ja -- Sterne, warum seid ihr noch nicht da? Bleich das Leben! Bleich der Felsenhang! Schilf, was flüsterst du so frech und bang? Fern der Himmel und die Tiefe nah -- Sterne, warum seid ihr noch nicht da? Eine liebe, liebe Stimme ruft Mich beständig aus der Wassergruft -- Weg, Gespenst, das oft ich winken sah! Sterne, Sterne, seid ihr nicht mehr da? Endlich, endlich durch das Dunkel bricht -- Es war Zeit! -- ein schwaches Flimmerlicht -- Denn ich wußte nicht, wie mir geschah. Sterne, Sterne, bleibt mir immer nah!
Text Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Schwüle"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Temps lourd", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission