Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung! O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr. Und alles schwieg. Doch selbst in der verschweigung ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor. Tiere aus Stille drangen aus dem klaren gelösten wald von Lager und Genist; und da ergab sich, daß sie nicht aus List und nicht aus Angst in sich so leise waren, sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr schien klein in ihren Herzen. Und wo eben kaum eine Hütte war, dies zu empfangen, ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, -- da schufst du ihnen Tempel im Gehör.
Die Sonette an Orpheus
Song Cycle by Josep Soler i Sardà (1935 - 2022)
1. Sonett 1  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 1
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
2. Sonett 26  [sung text not yet checked]
Du aber, Göttlicher, du, bis zuletzt noch Ertöner, da ihn der Schwarm der verschmähten Mänaden befiel, hast ihr Geschrei übertönt mit Ordnung, du Schöner, aus den Zerstörenden stieg dein erbauendes Spiel. Keine war da, dass sie Haupt dir und Leier zerstör. Wie sie auch rangen und rasten, und alle die scharfen Steine, die sie nach deinem Herzen warfen, wurden zu Sanftem an dir und begabt mit Gehör. Schließlich zerschlugen sie dich, von der Rache gehetzt, während dein Klang noch in Löwen und Felsen verweilte und in den Bäumen und Vögeln. Dort singst du noch jetzt. O du verlorener Gott! Du unendliche Spur! Nur weil dich reißend zuletzt die Feindschaft verteilte, sind wir die Hörenden jetzt und ein Mund der Natur.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1922, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 26
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English [singable] (T. P. (Peter) Perrin) , copyright © 2009, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
3. Sonett 9  [sung text not yet checked]
Nur wer die Leier schon hob auch unter Schatten darf das unendliche Lob ahnend erstatten. Nur wer mit Toten vom Mohn aß, von dem ihren, wird nicht den leisesten Ton wieder verlieren. Mag auch die Spieglung im Teich oft uns verschwimmen: Wisse das Bild. Erst in dem Doppelbereich werden die Stimmen ewig und mild.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Die Sonette an Orpheus 1, no. 9
See other settings of this text.
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission